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Viga Glums Saga/ Deutsch

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Beitrag von Lilly Do Jan 20 2011, 03:12


Heidnische Elemente in der Viga Glums Saga

1.Einleitung

Die Víga Glúms Saga ist eines der unzähligen Werke altnordischer Prosaliteratur, die in der Zeit um 1300 aufgeschrieben wurden. Die vorliegende Saga wurde vermutlich in der Nähe des Benediktinerklosters Munkaþvera verfasst und die einzige vollständig erhaltene Abschrift ist diejenige aus dem Möðruvallarbók von 1350, die jedoch drastische Kürzungen hinnehmen musste und bei der die Meinungen auseinander gehen, ob einige Teile womöglich nachträglich eingefügt wurden.
Die Isländersagas spielen meist in der Zeit von der Besiedlung Islands bis zur Christianisierung, also zwischen 870 und 1000, einer Zeit, in der das Heidentum noch lebendig war und mit der neuen Religion, dem Christentum, aufeinander prallte. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich in allen Sagas viele heidnische Elemente und Traditionen wieder finden. Inwieweit diese Elemente von der neuen Religion, in deren Zeit sie aufgeschrieben wurden, beeinflusst wurden, wird sich wohl nie vollständig herausfinden lassen, denn auch das Hauptwerk zur Nordischen Mythologie, die Edda, wurde in christlicher Zeit verfasst. Aus diesem Grund möchte ich dies bei meinen Betrachtungen außen vor lassen.
Die vorliegende Víga Glúms Saga handelt von dem Leben des Glúmr Eyjolfsson, aufgrund seiner vielen Totschläge auch Víga-Glúmr, Totschlags-Glúmr, genannt. Einführend werden - wie in jeder Isländersaga - seine Ahnen vorgestellt ehe er auf Auslandfahrt nach Norwegen geht, um seinen Großvater dort zu besuchen. Von ihm mit Geschenken ausgestattet, kehrt er sodann nach Island zurück, natürlich nicht ohne sich vorher entsprechenden Ruhm durch die Tötung eines Berserkers verdient zu haben. In Island hilft er seiner Mutter sich gegen ihre Verwandtschaft durchzusetzen, die ihr ihr Land abspenstig machen will. Er tötet Sigmundr Thorkelsson auf dem Acker Vitazgjafi und zieht dadurch den Zorn dessen Vaters auf sich. Auf dem Althing kann er jedoch die Anklage gegen sich abwehren und stattdessen eine eigene Anklage vorbringen, durch die er Sigmundr unheilig sprechen lässt und Thorkel von seinem Besitz vertreibt. Noch einige Male wird er „gezwungen“ Totschlag zu begehen, kann die Klagen auf dem Althing jedoch alle abwehren,
bis auf einmal, als seine Verteidigung in Frage gestellt wird und er einen Schwur im Freystempel leisten muss um seine Unschuld zu beweisen. Durch einen falschen Eid, der zwar geschickt gesponnen war, jedoch letztlich aufflog wird er schließlich doch noch für seine Tat bestraft und muss seinen Besitz verlassen.
Da sich gerade in dieser Saga viele Zeugnisse für das Heidentum finden, wurde diese Saga dahingehend auch schon ausführlich untersucht und es fand sich zu meinem Thema ausreichend Literatur. Die Flut an heidnischern Elementen in vorliegender Saga möchte ich versuchen im Folgenden herauszustellen und, so gut mir möglich, erklären.

2. Heidnische Elemente in der Víga Glúms Saga

2.1. Heidnische Traditionen und Rituale

2.1.1. Holmgang
Der Holmgang taucht zweimal in der Víga Glúms Saga auf. Das erste Mal, als Glúms Vater Eyiolfr in Norwegen für einen Verwandten seines Freundes Hreidar den Holmgang gegen einen Berserker übernahm und durch den Sieg großen Ruhm erwarb . Beim zweiten Mal war es Glúmr selbst, der zum Holmgang antrat, als er zu Besuch bei seinem Großvater Vigfus in Norwegen war . Auch er war siegreich und wurde dadurch sehr angesehen, v.a. bei seinem Großvater, der ihn erst durch diese Tat als seinen Enkel anerkannte.
Stellt sich nun die Frage, was ein Holmgang ist und was ihn als heidnisch kennzeichnet. Ursprünglich war ein Holmgang ein auf einer Insel ausgetragener Zweikampf nach bestimmten Regeln, den sogenannten “hólmgongulog” (Anlage1). Die Regeln beinhalteten meist, dass mit drei Schilden auf einer begrenzten Kampffläche gekämpft wurde, wenn alle drei zerschlagen waren, kämpfte man weiter bis zum Tod des Einen oder verglich sich, indem man Geld oder Besitz anbot um sich freizukaufen. Oft war es auch Tradition, dass ein anderer das Schild über einen hielt, dies lehnt z.B. Eyilofr in der vorliegenden Saga ab. Es kam auch häufig vor, dass der Sieger hinterher ein Opfertier niederschlug, das er seinem Gott opferte. Laut Snorri war der Gott Ull Patron des Holmgangs , es wäre also möglich dass das Opfertier diesem Gott dargebracht wurde. Laut Burgmann ist jedoch fraglich, ob das Tier ein Opfer an die Götter darstellt, oder es mehr einen blótähnlichen Charakter hat. Auf jeden Fall wurde durch dieses Tieropfer der Holmgang
eindeutig als heidnisch interpretiert und nach Einführung des Christentums vom höchsten Gericht verboten. Dies geschah erstaunlicherweise in Island schon im Jahr 1004, in Norwegen jedoch erst 1014 . Man könnte das damit erklären, dass die Isländer nach Einigung über die neue Religion diese konsequenter verfolgten als andere Länder.

2.1.2. Freyrsopfer
In vorliegender Saga bringt Thorkel, nach dem Totschlag seines Sohnes Sigmundr und der Vertreibung von seinem Besitz durch Glúmr, dem Gott Freyr in dessen Tempel ein Opfer dar. Das Ganze lief so ab, dass er einen alten Ochsen zum Tempel des Freyr führte und dem Gott zuerst für die bisherigen Gaben dankt, ehe er ihm das Tier weihte und ihn darum bat Glúmr genauso zu demütigen, indem er Þvera verlassen muß, wie er gerade gedemütigt wurde. Die Tatsache, dass der Ochse wild wurde und nach einem lauten Aufbrüllen tot zu Boden sank , läßt eine Annahme des Opfertiers durch den Gott vermuten.
Tieropfer waren in der damaligen, heidnischen Zeit nicht selten, es war die Art den Göttern zu danken bzw. sie um etwas zu bitten. Das für Freyr typische Opfertier war ein Rind , so auch in vorliegender Saga. Wie auch schon im vorherigen Abschnitt über den Holmgang erklärt, waren diese Tieropfer nur im heidnischen Glauben und den damit zusammenhängenden Traditionen vorhanden und wurden mit Einführung der neuen Religion verboten.

2.1.3. Disenopfer
Das Disenopfer wird in dieser Saga nur einmal erwähnt, als Glúmr in Norwegen eintrifft und bei seinem Großvater gerade ein Schmaus zum Winteranfang und ein Disenopfer vorbereitet wird, an dem alle teilnehmen sollten, Glúmr jedoch in der Halle zurückbleibt .
Disen sind weibliche, göttliche Wesen, die manchmal als Totengeister oder Schicksalsfrauen (Valkyren) bezeichnet werden oder auch als Vegetationsgottheiten. Die Disenverehrung war ein bedeutender reigiöser Kult in der heidnischen Zeit, so wurde ihnen nachgesagt, sie würden bei der Geburt helfen, als Schutzmächte Beistand bei kriegerischen Auseinandersetzungen leisten und auch die Todgeweihten heimführen. Bei letztem werden sie wieder mit den Valkyren gleichgesetzt. Das Disenopfer fand normalerweise Mitte Oktober statt, als ein Festgelage mit Freunden und Verwandten und reichlichem Biergenuß, wie auch in der Saga beschrieben wird. Dort wird zwar als Zeit der Winteranfang genannt, das könnte aber daran liegen, dass in Skandinavien wohl schon im Oktober winterliches Wetter einsetzt und man daher vom Winteranfang reden kann.

2.1.4. Ringschwur

Der Ringschwur, bei dem die Wahrheit der eigenen Worte durch einen Schwur im Göttertempel bestätigt wird, kommt einem heutigen Eid vor Gericht gleich, bei dem man auf die Bibel schwört. In der Víga Glúms Saga wird hierbei folgender zweideutiger Eid abgegeben:
“ek nefni Ásgrim i vætti, annan Gizur i þat vætti, at ek vinn hofseið at baugi, ok segi ek þat Æsi, at ek vark at þar ok vák at þar ok rauðk at þar odd ok egg, er Þorvaldr krókr fekk bana. Líti nú á eið, þeir er spekimenn eru ok við eru staddir.”
(“ Ich rufe den Asgrim zum Zeugen auf, rufe zweitens den Gizur zum Zeugen auf, dass ich einen Tempeleid auf den Ring leiste und dem Asen sage, dass ich dorten (n)immer war und dorten (n)immer hieb und dorten (n)immer rötete Spitze und Schneide, wo Thorvald Haken den Tod empfing. Prüft nun den Eid, ihr weisen Männer, die ihr zugegen seid.” )
Glúmr hat hier einen sehr klugen Trick gebraucht, weil er mit “at” ein Wort aus der Skaldik verwendete, das beides bedeuten kann, sowohl nimmer als auch immer . Die Anwesenden dachten also er schwor, dass er es nicht begangen hätte, was ja ein Meineid gewesen wäre, weil er sehr wohl der Mörder von Thorvald war, durch dieses Wortspiel jedoch schwor er vor dem Gott die Wahrheit.
In diesem heidnischen Brauch ist es wichtig, dass der Silberring, auf den geschworen wird nicht weniger als drei Unzen wiegt und vom Blut des vorher geopferten Tieres gerötet ist. Hier spielt ein weiteres Mal ein Tieropfer mit hinein, was wohl neben der Anrufung eines Asen auch dazu führte, dass der Ringschwur von den Anhängern des Christentums verboten bzw. in einer anderen Art fortgeführt wurde, denn heutzutage beruft man sich wie schon erwähnt auf die Bibel anstatt auf einen Silberring und einen Asen, wenn man seine Glaubwürdigkeit beweisen will.

2.2. Mythologische Ortsbezeichnungen

2.2.1. Vitazgjafi
Vitazgjafi wird das Feld genannt, um das sich Astrid und Glúmr auf der einen und Thorkel und Sigmund auf der anderen Seite streiten. Das Feld liegt im Bezirk des Freyrstempels und ist daher auch heiliges Land. Obwohl die Bezeichnung nicht eindeutig verwendet wird, könnte man das Feld auch als Freyrsacker bezeichnen. Die Bezeichung nach Göttern ist zwar aus Island nicht bekannt, in Norwegen und Schweden jedoch kommt sie oft vor.
Der Acker Vitazgjafi brachte als dem Gott Freyr geweihtes Feld natürlich immer reiche Ernte ein und war das beste Stück Land auf dem ganzen Besitz. Was auch der Name ausdrückt, den man übersetzen könnte als “Sichergeber”. Der Name ist auch noch aus einer anderen Saga bekannt, der Ketilssaga hoeings, in der er für einen Fjord steht, der immer reichlich Fang bringt. Da Freyr ein Fruchtbarkeitsgott war, der sowohl für Regen und Sonnenschein als auch für die Fruchtbarkeit des Bodens verehrt wurde, ist dieser Zusammenhang zwischen dem Freyr geweihten Acker und der immer guten Ernte nicht verwunderlich, da sich der Gott gut um die Besitzungen in unmittelbarer Nähe seines Tempels sorgte.
Ob nun auch der Name Vitazgjafi direkt mit dem Gott Freyr in Verbindung steht, läßt sich laut Holtsmark nicht eindeutig belegen, er ist jedoch keine offizielle Bezeichnung, da der Acker in Þvera laut Landnamabok Sigmundrakr hieß. Es läßt sich daraus schließen, dass die Bezeichnung Vitazgjafi Umgangssprache ist und vielleicht doch ein Zusammenhang zwischen dem Namen des Ackers und dem Gott Freyr besteht.

2.2.2. Uppsalir
Neben dem Acker Vitazgjafi, der durch seine Nähe zum Tempel und seine reiche Ernte mit dem Gott Freyr in Verbindung gebracht werden kann, gibt es auch noch Orte, die durch ihren Namen einen Bezug zur Mythologie herstellen. Einer davon wäre Uppsalir, der am Ende des Kapitels 11 auftaucht als der Ort, an den Arnorr sich ansiedelt.
Uppsalir war laut Holtsmark ein traditioneller Name in der Wikingerzeit, was auch daran zu erkennen war, dass es insgesamt 19 Stätten in Island gab, die diesen Namen trugen, von Norwegen und Schweden einmal abgesehen.
Der mythologische Zusammenhang besteht in dem Namen an sich, denn diesen trug auch der Ort, den Odin Freyr gab um dort zu leben. Möglicherweise soll auch durch die Erwähnung dieses Namens auf die zwei Hauptgötter der Saga, Odin und Freyr, angespielt werden.

2.2.3. Æsusstaðir
Eine weitere Ortsbezeichnung, die durch ihren Namen mit der Mythologie zu tun hat, ist Æsusstaðir (in der Thule Übersetzung: Asastätten). Dieser Ort wird als Stätte der Asen bezeichnet, die in den damaligen Glaubensvorstellungen das zweite zentrale Göttergeschlecht neben den Wanen waren.
Da der Ort nur einmal kurz erwähnt wurde, ist nichts weiter darüber bekannt, wieso er so hieß. Möglicherweise befand sich auch dort ein heiliger Bezirk für die Asen.

2.3. Wesen der Mythologie

2.3.1. Freyr
Der Gott Freyr, der in dieser Saga den zentralen Gott in Nordisland darstellt, zählt zum Geschlecht der Wanen, den Göttern der Fruchtbarkeit. Der Freyrskult kommt eher durch Glúms väterliche Ahnen, die ursprünglich aus Island stammten. Glúmr selbst hatte sich vermutlich schon auf der Auslandsfahrt ins Land seiner Mutter, nach Norwegen, von dem Gott abgekehrt, ihn zumindest aber durch seine Taten gegen sich aufgebracht. Er distanziert sich jedoch erst im Kapitel 26 von ihm, als er nach dem Traum, der ihm den Verlust seines Besitzes prophezeit, spricht, dass er dem Freyr in Zukunft weniger hold sein wird.
Der Tempel Freyrs, Hripkelsstaðir, liegt in unmittelbarer Nähe von Glúms Þvera und macht sowohl dieses Land als auch den darinliegenden Acker Vitazgjafi, wie oben schon erwähnt, zum Heiligen Bezirk.
Das erste Mal richtig zu Geltung kommt der Freyrskult durch das Opfer Thorkels, das dieser nach dem Totschlag an seinem Sohn Sigmundr und dessen Unheiligsprechung am Althing dem Gott darbrachte. Das Tier, das Torkel opfert, ist ein für Freyr typisches Opfer , nämlich ein Ochse. Er bat dabei, wie ebenfalls oben schon erwähnt, darum, dass der Gott Glúmr genauso demütigen sollte, wie er gedemütigt wurde. Durch diesen Totschlag auf dem Acker Vitazgjafi, der Freyr heilig war, und der anschließenden Demütigung auf dem Althing bringt Glúmr langsam den Gott gegen sich auf.
Eine zweite Untat Glúms war, dass er seinen geächteten Sohn Vigfus auf Þvera versteckt hält, auf dem Land, auf dem als Heiligem Bezirk laut dem Verbot Freyrs keine Friedlosen geduldet werden. Diese Tat zeugt von mangelndem Respekt Glúms dem Fruchbarkeits-gott gegenüber, doch noch immer ist es Freyr nicht möglich ihn dafür zu strafen. Erst als Glúmr nach dem oben genannten falschen Ringschwur seine Talismane, auf die ich später noch eingehen möchte, weggibt, ist es um ihn geschehen, denn Freyr erinnert sich des Opfers Thorkels und vertreibt Glúmr von seinem Land. Bevor dies geschieht, hat Glúmr jedoch einen Traum von Freyr auf einem Stuhl und seinen eigenen Ahnen, die versuchen den wütenden Gott zu besänftigen, was ihnen jedoch nicht gelingt.
So lässt sich also zusammenfassend sagen, dass Glúmr anfangs wohl, wie die meisten Leute in Nordisland einen Freyrskult gepflegt hatte, sich aber vor allem durch seine Auslandsfahrt davon distanzierte und ihn dann auch noch durch seine Taten gegen sich aufbrachte.

2.3.2. Odin
Odin taucht im Gegensatz zu Freyr nicht direkt in der Saga auf, sondern eher indirekt durch Gegenstände und Bezeichnungen.
Odin zählt zu den Asen, den Göttern des Krieges, dem zweiten zentralen Göttergeschlecht, die laut Edda immer wieder mit den Wanen im Konflikt lagen.
Der erste Hinweis auf Odin erscheint bei Glúms Besuch in Norwegen bei seinem Großvater Vigfus. Dieser wird beschrieben als auf einem Stuhl in der Hallenmitte sitzend mit blauem Umhang und Speer, was vergleichbar ist mit „Gylfis Ankunft in der Halle der „Æsir“ zu Beginn der Gylfaginning (Kap.2)“ . Der Speer selbst lässt sich mit Gungnir gleichsetzen, dem magischen Speer, den Odin von Zwergen schmieden ließ. Diesen Umhang, den Speer und ein Schwert gibt Vigfus bei dessen Abreise als Talismane an Glúmr weiter und weist ihn darauf hin auf diese Gegenstände aufzupassen, da er schon voraussieht, dass der Verlust zu etwas Schrecklichem führen könnte. Diese Gegenstände stehen also für den Schutz Odins, der es Freyr vermutlich unmöglich macht, eher gegen Glúmr vorzugehen. Erst als dieser die Talismane verschenkt, trifft ihn das Unglück und er verliert seinen Besitz.
Für die Tatsache, dass Glúmr sich von da an mehr für den Glauben seiner mütterlichen Ahnen interessierte, als für den Freyrskult seiner Heimat, spricht auch, dass er seine Kinder nach Verwandten aus Norwegen benannte.
Ein weiterer Aspekt wäre die Bezeichnung „Þundarbenda“ für seinen geächteten Sohn Vigfus, als dieser ihm in einer Schlacht zur Hilfe eilte. Diese Bezeichnung könnte man laut North als „Zeichen von Odin“ übersetzen, womit der Glaube an den Asen eindeutig ausgedrückt wird. Es wäre laut ihm auch möglich, dass die Bezeichnung in Anlehnung an das Havamal (Anlage 2) und den dort verwendeten Ausdruck „Þundr“ gewählt wurde. Wenn man den Namen Þundr als Name Odins verwendet, könnte man die Strophe so deuten, dass Odin „seine Rückkehr (aus der Totenwelt) vor einem Zeitalter schon mittels Runenmagie vorausgesagt“ hat. In der vorliegenden Saga würde das bedeuten, dass Glúmr die Rückkehr seines Sohnes wohl ebenso vorherbestimmt erscheint, wenn man diesem Zusammenhang Glauben schenkt.
Auch das Adjektiv „snjallr“, das übersetzt „tapfer“ oder „beredt“ bedeutet, lässt sich auf Odin beziehen. Der Berserker Bjoern benutzt es einige Male, als er in der Halle Vigfus' die Männer zum Holmgang herausfordert. Als er dieses Wort gegenüber Glúmr gebraucht fügt dieser diesem dann auch die zweite Bedeutung „beredt“ hinzu. Dasselbe Adjektiv verwendet laut North auch Snorri zur Beschreibung von Odin in der Ynglinga Saga (Kap.6). Es lässt sich also auch hier ein Zusammenhang zwischen dem Gott und dem jungen Helden sehen, also dessen Tugend auf Odin zurückführen.
Schließlich wird Glúmr selbst am Ende der Saga in Kapitel 28 ähnlich wie sein Gott dargestellt, als man ihn als halbblinden, tückischen Greis darstellt, der nichts anderes mehr im Sinn hat, als sich trotz seines Alters an Einar zu rächen. Auch Odin ist halbblind als er ein Auge gibt um Weisheit zu erlangen und wird in beinahe jeder Geschichte als tückischer Gott dargestellt.
Alles in allem deutet viel auf den Asen hin, jedoch distanziert sich North trotzdem von der Annahme dass diese Hinweise von Anfang an in der Saga gewesen wären, im Gegensatz zu Turville-Peters. Laut North wurden diese Dinge vermutlich erst später in die Saga eingearbeitet, sozusagen als literarisches Mittel. Ich selbst möchte diese beiden Thesen so stehen lassen, ohne mich festzulegen, weil beide Theorien nachzuvollziehen sind.

2.4. Schicksalsglaube

Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Saga ist der Schicksalsglaube, der in der heidnischen Religion eine hohe Bedeutung hatte, man betrachte nur die Nornen, die Schicksalsfrauen, die zu zentralen Personen im Kreis der Mythologie zählen.
Glúms Großvater Vigfus ist der erste Beweis für den Schicksalsglauben der Saga. Sein „förlog“ (Los, Schicksal) für Glúmr, dass er immer gut auf die Geschenke, Umhang, Speer und Schwert, Acht geben sollte, sonst würde ein Unglück geschehen, sind ein wesentlicher Teil, der sich durch die ganze Saga zieht und sich letztlich bewahrheitet.
Des Weiteren tritt dann auch eine „hamingja“ (Schutzgeist) im Traum Glúms auf, um ihn darauf hinzuweisen, dass sein Großvater gestorben sei. Dieser Schutzgeist oder Folgegeist, wie er in der Thule Übersetzung genannt wird, lässt sich einmal als heidnische Todesbotin oder auch christlicher Engel, wobei hier schon der fließende Übergang zwischen den beiden Religionen deutlich wird, erklären, oder als Schutzgeist, der Glúmr gegen seine Feinde beisteht und ihn beschützt, zumindest solange er die Talismane behält.
Ein weiterer Hinweis auf den Schicksalsglauben ist das Auftauchen der Seherin Oddbjorg in Kapitel 12, die den beiden Jungen Arngrim und Steinolf voraussagt, dass sie einander töten und dadurch dem ganzen Bezirk Unglück bringen werden. Dadurch zieht sie die Wut derer Pflegemutter auf sich, die glaubt, dass das Unglück allein durch diese Prophezeiung beschwört wurde und ansonsten ein anderes Schicksal möglich gewesen wäre.
Auch Una, die Frau Bards, hat seherische Fähigkeiten. Sie sah den Tod ihres Mannes, als dieser fortritt und wie sie es gesehen hatte, sollte es auch geschehen. Durch diese beiden Prophezeiungen wird der Glaube an das Schicksal besonders deutlich. Man könnte es so interpretieren, dass es erst eintrifft, nachdem es von einer weisen Frau vorausgesagt wurde.
Schließlich wird auch noch in der letzten Strophe in Kapitel 21, die über ein „goðreið“, einen Götterumzug berichtet, das Schicksal vorausgesagt. Auch hier sieht Glúmr im Traum einen Kampf voraus, der durch die Schildjungfrauen, die Valkyren, wie er sie in seiner Strophe nennt, prophezeit werden. Und wieder bewahrheitet sich das Ganze schon kurz darauf, als es tatsächlich zum Kampf kommt.
Es lässt sich also zusammenfassend sagen, dass die vorliegende Saga sehr oft den „Wink des Schicksals“ beinhaltet und dass er auch jedes Mal dann, wenn eine Warnung bzw. Voraussage ausgesprochen wurde, eintrifft. Auch dieser Glaube an das Schicksal ist eindeutig heidnisch, denn er wurde später vom Christentum verpönt.

2.5. Heidnische Begriffe als Kenningar

Kenningar sind zum Teil komplizierte Umschreibungen für Worte und hauptsächlich aus der Skaldik bekannt. Es gibt dabei verschiedene Arten:
Die erste Gruppe wären die „kenning“, sie dienen hauptsächlich zur Vermehrung des Wortschatzes und sind dementsprechend weniger komplex aufgebaut. Die „sannkenning“ bilden die Zweite, sie sollen die Sprache verschönern und füllen. Als letzte Gruppe sind schließlich die „nygervingar“ zu nennen, durch sie wollte der Skalde sein Wissen und seine Sprachgewandtheit demonstrieren und sie stellen somit auch die komplizierteste Form der Umschreibung dar, da ein umfassendes Wissen voraussetzt wird, um sie zu verstehen. Ich lasse es frei, die in der Saga vorhandenen Kenningar den drei Arten zuzuordnen, diese Erklärung soll nur dazu dienen, zu verstehen, was Kenningar sind und wozu sie verwendet wurden.
Da es allgemein oft vorkam, dass als Umschreibungen Götternamen oder andere mythologische Bezeichnungen verwendet wurden, auf die jedoch im ersten Jahrzehnt der Christianisierung verzichtet und die erst später wieder eingeführt wurden , ist es nicht verwunderlich, dass das in dieser Saga nicht anders ist.
Die erste heidnische Kenningar wird in Kapitel 9 verwendet, als Glúmr nach seinem Traum von der „hamingja“ und der Nachricht vom Tod seines Großvaters eine Strophe spricht und darin den Schutzgeist als „Schildmaid“ , also „Valkyre“, bezeichnet, eine jener Jungfrauen, die in der Schlacht die Helden auswählen, die später von ihnen in Valhalla bewirtet werden. Auch in Kapitel 21 spielt er in der ersten Strophe auf die Valkyren an, als er dem Schwert den Namen „Glut der Göndul“ (Valkyre) gibt.
Im selben Kapitel in der zweiten Strophe verwendet Glúmr für den Krieger die Bezeichnung „Schild-Njörd“, womit er seinen Gegner meint. Njörd als Gott des Meeres und Vater von Freyr und Freya wird hier in Verbindung mit einem Schild, einem Zeichen des Kriegers als Umschreibung verwendet.
Im Kapitel 23 bezeichnet er seine Frau Halldora als „Met-Frigg“ . Frigg war die Gattin Odins und das Sinnbild der Ehefrau, die ihrem Mann warnend und beratend zur Seite stand , dies bezieht sich also eindeutig auf seine Ehefrau. Und der Zusatz Met könnte daherrühren, dass es zu der Zeit Aufgabe der Frauen war Met herzustellen. Dies führt somit zu einer Umschreibung, die zwar kompliziert klingt, allerdings nur einzig und allein Ehefrau bedeutet.
Ein weiteres Mal in Kapitel 26 verwendet er die Valkyren zur Umschreibung seines Schwertes, als „Valkyrienstab“ , also als Waffe der Valkyren.
Schließlich in der letzten Strophe im Kapitel 27 spricht er vom „Spiel Odins“ um damit einen Kampf zu umschreiben. Da Odin wie oben schon erwähnt als Gott des Krieges angesehen wurde, ist es klar zu erkennen, dass mit dem Spiel des Gottes ein Kampf oder Krieg gemeint ist. Ob durch diesen Ausspruch in einer Strophe auch direkt Bezug auf seinen Glauben an diesen Gott genommen wird, möchte ich dahingestellt lassen, weil er es auch einfach nur als logische Kenningar ohne Hintergedanken verwendet haben könnte.

2.6. Heidentum versus Christentum

Trotzdem die Víga Glúms Saga eine Saga ist, die hauptsächlich in der heidnischen Zeit spielt, im Gegensatz zu manch anderen Sagas, z.B. der Liðsvetninga Saga, die viele christliche Elemente enthält , beinhaltet sie im letzten Kapitel den Übergang zum Christentum. Hier lässt Glúmr sich taufen und sein Sohn Már baut eine Kirche, die lange Zeit die Einzige im Bezirk war. Hier treffen also die beiden Religionen aufeinander. Es wird zwar nicht näher geschildert, aber man könnte aus dem Vorangegangenen schließen, dass Glúmr nur deshalb so leicht zum neuen Glauben zu bewegen war, weil er von seinen vorherigen Göttern so enttäuscht worden war, dass er durch die Konvertierung hoffte, sein aus dem Ruder gelaufenes Leben wieder halbwegs zu ordnen.
In jedem Fall aber endet mit dem Tod Glúmrs und seiner christlichen Bestattung die Saga, es ist also in jedem Fall erwähnenswert, dass er sich schließlich nach dem Verlust seines Besitzes vom alten Glauben abwandte und vielleicht auf der Suche nach einem besseren Gott konvertierte.

3. Resümee

Zusammenfassend läßt sich feststellen, dass sich in der vorliegenden Víga Glúms Saga eine wahre Flut an heidnischen Elementen wiederfinden, und es daher auch gut möglich ist, dass mir einige entgangen sind. Meiner Meinung nach liegt, wie auch North geschrieben hat, der Kernkonflikt in dem Gegeneinander der beiden Götter Odin und Freyr, die beide direkt in Glums Leben mit eingreifen und dem Glauben an das Schicksal. So steht er den Großteil seines Lebens und damit der Saga unter dem Schutze Odins und das macht es sogar Freyr unmöglich, ihm etwas anzuhaben. Erst als er seine Talismane weggibt und damit seinen Schutz, bricht sein Leben über ihm zusammen und Freyr bestraft ihn für seine bisherige Respektlosigkeit ihm gegenüber. Die Theorie, dass Teile davon später eingefügt wurden, wie bereits erwähnt, ließ ich in meine Betrachtungen nicht mit einfließen, da sie für den Kerngehalt meiner Arbeit nicht relevant ist.
Burgmann beschreibt den Kernkonflikt zwischen Freyr und dem Sippenglück und sieht keine Beziehung zu Odin, was mir weniger wahrscheinlich erscheint, da die Zeichen für den Asen, zumindest meiner Meinung nach, ziemlich offensichtlich sind.
Auch ist es sehr interessant, dass die Saga einen guten Einblick in manche heidnische Traditionen, wie beispielsweise den Holmgang oder Götteropfer, gibt. Es sei hier dahingestellt, inwieweit diese der Wahrheit entsprechen, was vermutlich niemand mehr nachvollziehen kann, da alle Zeugnisse über diese Zeit aus viel späterer christlicher Zeit stammen und dementsprechend zumindest teilweise vom neuen, monotheistischen Glauben gefärbt sind. In jedem Fall aber versucht diese und auch die anderen Isländersagas ein Bild der Zeit zwischen 870 und 1000 wiederzuspiegeln und uns dadurch das Damals näherzubringen. Was dabei als geschichtlich glaubwürdig entnommen werden kann oder Fiktion ist, wird sich wahrscheinlich nie wirklich herausfinden lassen, auch wenn es munter diskutiert wird.
Ich habe mich bei meiner Arbeit nur mit dem Herausfiltern heidnischer Elemente beschäftigt und die ganzen Überlegungen diverser Wissenschaftler, ob Dinge geschichtlich korrekt oder später eingefügt wurden, außen vorgelassen, wie auch schon einige Male erwähnt. Ich hoffe, es ist mir gelungen, einen Einblick in den heidnischen Aspekt der Víga Glúms Saga zu gewähren.
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Beitrag von Gast Mi Feb 15 2012, 20:45

Hallo Lilly,

wie Du sicher wissen wirst, wird die Historizität des Fulltrúi-Glaubens von einigen Neuzeit-Asatruen bestritten. Aber in Vers 9 der Viga-Glums-Saga nennt Thorkell Freyr ausdrücklich "fulltrúi minn". Diese Passage habe ich im Asatru-Forum jetzt ausdrücklich zitiert. Schau doch mal rein! Natürlich sind die Glaubensleugner dort aktiv, um unter der Maske des Asatru ihren Atheismus zu verbreiten.

LG

Haganrix

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